Ein Jahr Jugendberufsagentur: Wenig Fortschritte, einige hausgemachte blinde Flecken

FB_IMG_1430980022880„Nach einem Jahr Jugendberufsagentur lautet die Bilanz: Viel bewegt hat sich nicht“, so Miriam Strunge, ausbildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des ersten Jahres ‚JBA in Bremen‘. „Besonders irritieren muss, dass die Verbleibsklärung vieler Jugendlichen, die sich durch die JBA eigentlich verbessern sollte, eher schlechter geworden zu sein scheint. Während in den letzten Jahren üblicherweise zum Ende des 1. Quartals die Zahlen der Bremer Vereinbarungen vorlagen, in denen über die Zahl der neuen Ausbildungsverträge, den Verbleib der Schulabgänger*innen und die Zahl unversorgter Bewerber*innen berichtet wurde, fehlen diese Zahlen für 2016 bisher. Verbindliche Angaben zur aktuellen Größe der Ausbildungslücke konnten auch anlässlich der Jahresbilanz leider nicht gemacht werden. Dem Ziel, höhere und schnellere Transparenz über den Ausbildungsmarkt und die Ausbildungslücke zu schaffen, ist die JBA bislang noch nicht besonders nahe gekommen.“  (mehr …)

Kettenverträge ohne Ende: An der Hochschule für Künste arbeiten Lehrbeauftragte schon seit 20 Jahren ohne jede Sicherheit

Lehrbeauftragte sind das Herzstück der musischen Ausbildung an der Hochschule für Künste (HfK). Sie übernehmen 55 Prozent der Lehre im Fachbereich Musik. Die Arbeitssituation von vielen Lehrbeauftragten im Fachbereich Musik ist jedoch katastrophal. Ihre Honorare wurden seit Jahren nicht erhöht, sie erhalten keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keine Rentenversicherungsbei- träge, und von Weihnachts- oder Urlaubsgeld können Lehrbeauftragte nur träumen. Hinzu kommt die dauerhafte Unsicherheit, ob das Beschäftigungsverhältnis weitergeht, denn alle Lehraufträge sind zeitlich befristet, oft nur auf ein oder zwei Semester. Eine Berichtsbitte der Fraktion DIE LINKE an die Wissenschaftssenatorin bringt nun neue erschreckende Zahlen auf den Tisch: Viele Lehrbeauftragte arbeiten seit Jahrzehnten ununterbrochen an der HfK ohne Aussicht auf Festanstellung.

35 Lehrbeauftragte arbeiten seit mehr als zehn Jahren an der HfK, weitere 20 Personen sogar seit mehr als 20 Jahren.

Miriam Strunge, hochschulpolitische Sprecherin der Bremer Linksfraktion, kommentiert: „Es ist ein Riesenskandal, dass wegen der Sparpolitik des Senats an einer öffentlichen Hochschule arbeitsrechtliche Standards so weit ausgehöhlt werden, dass Menschen über Jahrzehnte ohne jegliche Aussicht auf Sozialversicherung und Festanstellung Regelaufgaben in der Lehre übernehmen. Die Bremische Sparpolitik wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen, die dafür auf ein angemessenes Gehalt, Sicherheit und Rentenansprüche verzichten müssen. Ein Lehrauftrag führt unter diesen Bedingungen direkt in die Altersarmut. Für die Behörde lohnt sich die Ausbeutung der Lehrbeauftragten, denn sie sind deutlich günstiger für das Land als reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. (mehr …)

‚Haben Sie auch Kakaodienst gemacht?‘ – Wie Jugendliche von der Arbeitsagentur für ‚nicht ausbildungsreif‘ erklärt werden

Tausende Jugendliche im Land Bremen suchen vermutlich einen Ausbildungsplatz, werden aber von den Jobcentern nicht als ‚Bewerber*innen‘ geführt, weil sie als ‚nicht ausbildungsreif‘ abqualifiziert werden. Die Betroffenen erhalten dann keine Vermittlungsangebote von der Arbeitsagentur und tauchen nicht in der Ausbildungsplatzstatistik auf. Wie die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der LINKEN „Einstufung von Jugendlichen als ‚nicht ausbildungsreif‘ durch die Jobcenter“ zeigt, verwendet die Arbeitsagentur in Bremen und Bremerhaven bei der Einstufung unverändert den Kriterienkatalog des ‚Nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs‘ von 2006, an dessen Zustandekommen weder Gewerkschaften noch Jugendvertretungen beteiligt waren. Dazu erklärt Miriam Strunge, ausbildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:

„Es ist unglaublich, dass Jugendliche mit einem willkürlichen und völlig unscharfen Kriterienkatalog, der den Geist des 19. Jahrhunderts atmet, aus der Statistik der Ausbildungsbewerber*innen gestrichen und von vorneherein aus dem Ausbildungsmarkt herausgedrängt werden. Zu den ‚Beispielsfragen‘, mit denen die Sachbearbeiter*innen die ‚Ausbildungsreife‘ ermitteln sollen, gehören allen Ernstes Fragen wie: ‚Übernehmen Sie in Ihrer Klasse Sonderaufgaben z.B. Klassensprecher, Klassenbuchführer, Kakaodienst, Schülerlotsen etc.?‘ – ‚Haben Sie schon mal eine Klassenfahrt mitorganisiert?‘ – ‚Schreiben Sie sich alles auf, wenn Sie einkaufen gehen?‘ – ‚Wann machen Sie Ihre Hausaufgaben, direkt nach der Schule oder brauchen Sie zuerst eine Pause?‘. Zu den angeblich unverzichtbaren Voraussetzungen der ‚Ausbildungsreife‘ gehört, dass Bewerber*innen räumliche Geometrieaufgaben lösen, eine Maschinenzeichnung verstehen und ‚höflich, respekt- und rücksichtsvoll‘ wirken. Wohlgemerkt: völlig unabhängig vom konkreten Berufswunsch. Schlechte Schulnoten können genauso zum Aus führen wie unentschuldigte Fehlzeiten im Zeugnis. Ich hätte nicht geglaubt, dass dieser Katalog im Land Bremen noch zum Einsatz kommt.“ (mehr …)